Heute vor 25 Jahren – closed geschlossen (final)
2005-12-31 20:41
Am 31.12.1980 war ein schwarzer Tag für die damalige BRD und für die DDR, inklusive Leipzig, die sich dagegen gar nicht wehren durfte. Die BELLINI Warenvertriebsgesellschaft aus Hamburg, von der sicherlich noch kein Schwein etwas gehört hat, war am ersten August der Meinung, ein wenig mit München zu kommunizieren – und zwar mit dem dortigen Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA).
Und so erhielt sie heute vor 25 Jahren einen Eintrag der Wortmarke closed für Waren der Klasse 25, also gewebte, gewirkte und gestrickte Bekleidungsstücke, insbesondere sportliche Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen und Herren
Soweit, so gut.
Es begab sich aber zu einer Zeit, als sich Deutschland mit sich selbst beschäftigte, ein Gedanke in die Köpfe der Bellinier, dass man nicht nur am Textilien-Tuch nagen möchte – und Schmuck läuft immer – und man beschloß, einfach mal eine zweite Anmeldung der selben Marke zu tätigen, was man dann am 2. November 1989 auch tat.
Das ganze wurde dann gleich schön allgemein gehalten und umfasste Uhren, Juwelierwaren, Schmuckwaren.
1990 gings weiter, mit Rucksäcke, Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstücke, Schuhe, Gürtel.
Weil das so einfach ging, schob Bellini dann 1991 noch eine Anmeldung für Brillen aller Art nach. Hamburger scheinen da etwas vergesslich zu sein, es wäre erheblich kostengünstiger, alle Waren zu benennen, die man in Zukunft gedenkt, unter einer TrademarkTM anbieten zu wollen. Dann kehrte Ruhe ein, 1997 jedoch war man der Meinung, das nun auch einmal bildlich zu hinterlegen, was man sich als Wortmarke hat schützen lassen. Zumindest für Bekleidungsstücke.
Hat aber alles nichts genutzt. Wer kennt Bellini-Jeans? Von der Firma scheint nicht viel übrig geblieben, bis auf diverse Markenrechte für obskure Worte aus einer nicht-deutschen Weltsprache. Am 08.07.1999 übernahm dann eine ominöse Lippincott AG aus Hamburg das Ruder unseres Nordseedampfers, zumindest rein markenrechtlich. Das Geschäftsfeld dieser AG ist schlichtweg die Lizenzverwertung, also keine Insolvenzverwaltung und ähnliche Halsabschneider (Insolvenzverwalter sind wirklich etwas realitätsfremd, wie ich erfahren durfte), sondern ein Geschäftsfeld, was sich lediglich darum kümmert, Lizenzen zu kaufen und irgendetwas gewinnbringendes damit anzustellen. Hauptarbeitnehmer solcher Firmen dürften also Rechtsverdreher sein.
Und so sehen wir herrliche Information zur ältesten Marke closed
Registernummer/Aktenzeichen: 1010344
Altes Aktenzeichen: B66399UG01 – Kurzer Überblick
Markentext: closed
Markenform: Wortmarke
Inhaber: Lippincott AG, Hamburg
Leitklasse: 25
Klassen: 25
Letzter Verfahrensstand: Marke eingetragen
Aber das reicht der Lippincott AG nicht, sie fühlt sich genötigt, im Herbst 2004 erneut die Wortmarke closed zu regisitrieren, und diese umfasst nun folgende Produktgrupen.
- Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel
- Datenträger zur Aufnahme, Wiedergabe und Übertragung von Ton und Bild, insbesondere CDs, CD-ROMs und DVDs; Brillen, insbesondere Sonnenbrillen; Brillenfassungen und -gestelle, Brillenetuis
- Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie in Klasse 14 enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente
- Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie in Klasse 18 enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke
- Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen
Nun darf ich zwar Dienstleistungen unter dem Namen closed anbieten, ich darf diesen aber nicht auf Textilien drucken oder sticken (zum Beispiel zu Werbezwecken), nicht auf Datenspeichern verwenden (was ich ja hier wohl gerade mache) – und – eigentlich darf ich das nicht einmal sagen. ja nicht einmal denken. Eine solche Unterlassungserklärung der Lippincott AG habe ich nämlich unterschrieben, in der ich mich verpflichte, das englische Wort closed in keinster Weise zu nutzen. Ich weiß nicht, aber Hamburger Seeluft muss sehr krank machen, um auf solche Forderungen zu kommen – wozu gibt es Klassen im Markenrecht? Und, liebe Lippincotter, geschlossen ist noch keine eingetragene Marke. Wie wäre es damit? Oder vielleicht ein paar andere englische Wörter, auf dass diese Sprache nicht mehr benutzbar sei.
Die angekündigte Ankündigung: In Zukunft werde ich also nicht mehr fremdsprachliche Ausdrücke nutzen, für die es auch ein gängiges deutsches Wort gibt. Die englische Sprache ist in Deutschland wohl zur Hälfte markenrechtlich geschützt. Keine Ahnung, warum man sowas im deutschen Bildungssystem überhaupt noch lehrt.
Achja, ich habe keine grundlegende Abneigung gegen Marken und Patente, ich bin schließlich selbst Markeninhaber, aber Trivialpatente (also die meisten Software-Logik-Patente) und Markenschutz für etablierte Wörter aus dem Sprachgebrauch, egal welchen Landes – das ist in meinen Augen nicht schutzwürdig. Und erst recht nicht von Firmen, die „Lizenzverwertung“ zu ihrem Geschäftsfeld gemacht haben.
Von der derzeitigen Regierung erhoffe ich mir keine Änderung an dieser Situation – eher eine Verschlimmerung. Na dann, Alles Gute, neues Jahr. Und nicht vergessen, auf die Abwandlung kommt es an.
Januar 3rd, 2006 at 01:40
Wieso unterlassungserklärung unterschrieben? keine lust gehabt vor gericht zu gehen?