Jeden Tag eine gute Tat
2005-05-21 02:40Da konnte ich mich also in Karlsruhe gerade so loseisen, um pünktlich den per Sparpreis50 gebuchten Zug zu bekommen, mit dem ich wiederrum Freitag schon um 23Uhr zu Hause bin. Ebenso auch einen Sitzplatz ergattert (wie immer), nebenbei ein Template für ToBuS in das Notebook eingetippt und der Dreiergruppe schräg gegenüber ab und zu ein Wort abgelauscht, was sie gegen ‚meine‘ Müllverbrennungsanlage in Burgkirchen einzuwenden hätten. Alles nichts besonderes. Das Auto stand noch im Parkhaus – und los gings, die letzten 25km, wo die Bahn der Meinung ist, dass dort zwischen 22:00 und 6:00 Uhr sowieso niemand hinfährt.
Kaum losgefahren, steht eine Frau in der zweiten Lebenshälfte (wenn ich es so formulieren darf) am Straßenrand und spielt Tramper. Ein etwas ungewöhnliches Bild.
Als gelernter ÖPNV-Kunde, der in Berlin viel zu oft den Betriebsschluss der S-Bahn zwischen ein und vier Uhr irgendwas in diversen Bahnhöfen genießen durfte, bin ich da etwas mittleidig, halte also an. Sie möchte nach Passau! Passau? Das ist 90km nordöstlich! Nein, also ich könnte sie bis nach Altötting mitnehmen, das sind ungefähr zehn Kilometer, danach müsse ich südlich – sagte ich ihr. Nun, sie stand wohl schon eine geraume Zeit und wollte nur fort – denn der Weg ist das Ziel. Die paar Minuten bis Altötting sprach sie davon, dass sie das früher ja auch gemacht habe, wie teuer die Bahn sei (ja, gerade im Nahverkehr ist das unverschämt), wie schlecht die Auskunft war, dass Trampen gar nicht gefährlich ist – man glaubt nicht, was ein Mensch in 10 Minuten an Themen anschneiden kann. Sie tat mir etwas leid und so beschloss ich, sie noch durch den Autobahnabschnitt der B12 zu fahren, und dann von Burghausen nach Hause zu fahren. Die Straße wurde immer dunkler – keine Ortschaft weit und breit – da kann man die arme Frau doch nicht aussetzen – es waren jetzt ja auch ’nur noch‘ 70 Kilometer bis Passau.
Ich habe sie in Passau abgesetzt. Als Strafe habe ich natürlich wie immer – deswegen meide ich diese Stadt – den Rückweg zur B12 nicht wirklich gefunden. Bis die sehr geehrte GPS-Shell meines Handys den eigenen Standort ermitteln konnte (wiedermal 15 Minuten), war ich eh schon auf dem richtigen Weg. Aber ich habe ein reines Gewissen, zumindestens diesbzüglich. Halleluja
PS: alles hat sein Gutes so konnte ich mal wieder ausführlich MDR-Info hören und mir das neueste Geplänkel über Lidl-Angebote und Apotheken-Ruins anhören. Und mein Auto konnte endlich mal wieder 200 Kilometer am Stück fahren – nicht immer nur diese ökologisch unsinnigen Kurzstrecken.
Juni 8th, 2005 at 20:00
Eine ungewöhnlich erfreuliche Geschichte, die sich angenehm von Schilderungen abhebt, wie neben Trampenden durch Pfützen gerast wird. Vielen Dank von den Daumen!